(Hrsg.) Alfred Werner Maurer - Texte + Fotos: Alfred Werner Maurer

3 Wohnhäuser der Designerin Eileen Gray an der Côte d'Azur.

( Ergänzte Version in Arbeit)

 

 

Bilder von Le Corbusier auf die Wände des Hauses E.1027 gemalt

Copyright -Die vorgenannten Zeichnungen sind urheberechtlich geschützt.

 

 

Erstveröffentlichung 22. Nov. 2006‎ Wikipedia durch Alfred Werner Maurer

28. August 2010

8. Oktober 2007

7. Oktober 2007

25. September 2007

24. September 2007

23. September 2007

22. November 2006

 

E.1027

(Weitergeleitet von E1027)

Ansicht vom Strand (September 2016)

E.1027 (auch „Maison en Bord de Mer“) ist die Bezeichnung für das Wohnhaus der irischen Designerin und Architektin Eileen Gray, das sie für sich und ihren damaligen Partner, den rumänischen Architekten und Kritiker Jean Badovici plante.[1] Die Architekturikone mit dem rätselhaften Namen wurde zwischen 1926 und 1929 in Roquebrune-Cap-Martin an der Französischen Riviera errichtet.[2]

Beschreibung

Der Name des Hauses ist ein Zahlenspiel. Er fügt zur persönlichen Identifikation der Autoren deren Initiale des Namens über einen Zahlenschlüssel des Alphabets zusammen: E=Eileen, 10=Jean, 2=Badovici, 7=Gray.

Eileen Gray kaufte zwei Grundstücke an der Riviera, eines in Roquebrune-Cap-Martin und das andere in Castellar (Tempe a Pailla, 1932). Hier baute sie zwei Häuser für sich selbst. Beide Häuser sind sehr originell, sorgfältig geplant und für einen offenen Lebensstil gedacht. Sie begann 1926, an den Plänen für Roquebrune zu arbeiten, und 1929 war das Haus einzugsfertig. Bereits vorher wurde es von Badovici in „L’Architecture Vivante“ publiziert als „Maison en Bord de Mer“. Eileen Gray nimmt Abstand vom freien Grundriss im damaligen Sinn, den sie selbst als „Camping-Stil“ bezeichnet. Ihr Haus versteht sich mehr als eine Hülle für einen zurückhaltenden, artikulierten Lebensstil, in dem der Innenraum sorgfältig geplant und festgelegt ist. Das Haus stellt den Versuch dar, die einzelnen Räume so zu organisieren, dass jeder einzelne Bewohner dieses Hauses sich zu jeder Zeit zurückziehen kann und eine friedliche Ecke zum Entspannen finden kann.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges malte Le Corbusier im Haus E.1027 während der Abwesenheit von Eileen Gray und gegen ihren Willen fünf große Wandgemälde. Der weltberühmte Architekt malte abstrahierte, nackte Frauenfiguren auf Wände, die von der Architektin bewusst als weiße Flächen konzipiert worden waren, dies in Kenntnis darüber, dass Gray auch Beziehungen zu Frauen hatte. Er ließ sich beim Malen der Fresken nackt fotografieren. Die Bemalungen wurden als Akt der Revanche und als Dominanzgebaren gegenüber einer begabten Frau gelesen, die nicht nur auch Frauen liebte, sondern in ihren Schriften die Konzepte Le Cobusiers vom Haus als Wohnmaschine kritisierte hatte. Später errichtete Le Corbusier in unmittelbarer Nachbarschaft sein Sommerhäuschen Le Cabanon. Die Aneignung von E.1027 durch Le Corbusier geschah nicht nur physisch durch Bemalen der Wände und die Errichtung des Cabanon. Zuschreibungen des Hauses zum Werk, entweder Le Corbusiers oder Badovicis in der damaligen Fachliteratur, wurden nicht richtiggestellt, was dazu beitrug, dass die Leistungen Grays in Vergessenheit gerieten. Die Kontroverse um die Wandgemälde entbrannte in den 90er Jahren in der Fachliteratur und wird bis heute weitergeführt. 2015 entstand ein Spielfilm The Price of Desire auf Basis der Begebenheit, der Film wurde größtenteils in dem restaurierten Haus gedreht.[3][4][5]

Nach längeren und aufwändigen Restaurationsarbeiten wurde das Haus 2021 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, es befindet sich im Besitz des französischen Staates.[6][1]

Literatur

  • Christina Threuter: Eine Architektur der Einfühlung. Eileen Grays Wohnhaus E.1027. In: Hannah Katharina Göbel, Sophia Prinz (Hrsg.): Die Sinnlichkeit des Sozialen. Wahrnehmung und materielle Kultur, Bielefeld 2015, S. 177–194.
  • Charlotte Malterre-Barthes und Zosia Dzierżawska: Eileen Gray: A House Under the Sun (Comic-Nacherzählung). Nowbrow-Verlag, 2019.

Einzelnachweise

  1.  Hochspringen nach:a b Cap Moderne. Abgerufen am 24. August 2019 (französisch).
  2.  Sabine von Fischer: Eileen Gray und Le Corbusier: Das Lachen kann man nicht verbieten. In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 24. August 2019]).
  3.  Beatriz Colomina: Une maison malfamée : E.1027 Une histoire d'obsessions | Espazium. 9. Januar 2012, abgerufen am 13. Januar 2023 (französisch).
  4.  Die Rache des Maschinisten. Abgerufen am 13. Januar 2023.
  5.  The Price of Desire (2015) - IMDb. Abgerufen am 13. Januar 2023 (deutsch).
  6.  The Price of Desire (2015) - IMDb. Abgerufen am 13. Januar 2023 (deutsch).

Weblinks

Commons: Villa E-1027 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 43° 45′ 36″ N, 7° 27′ 47″ O |  | 

Normdaten (Geografikum): GND: 4623625-9 (lobid, OGND) | VIAF: 305398301
 

 

In anderen Sprachen

 

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Version vom 23. November 2010, 18:18 Uhr

Datei:E-1027 in Roquebrune - Cap Martin by Eileen Gray.jpgLuftaufnahme

E.1027 (auch „Maison en Bord de Mer“) ist die Bezeichnung für das Wohnhaus der irischen Designerin und Architektin Eileen Gray, das sie gemeinsam mit dem rumänischen Architekten Jean Badovici plante. Die Architekturikone mit dem rätselhaften Namen wurde zwischen 1926 und 1929 in Roquebrune sur mer an der Französischen Riviera errichtet.

Eileen Gray kaufte zwei Grundstücke an der Riviera, eines in Roquebrune und das andere in Castellar. Hier baute sie zwei Häuser für sich selbst. Beide Häuser sind sehr originell, sorgfältig geplant und für einen offenen Lebensstil gedacht. Sie begann 1926 an den Plänen für Roquebrune zu arbeiten, und 1929 war das Haus einzugsbereit. Bereits vorher wurde es in „L'Architecture Vivante“ publiziert als „Maison en Bord de Mer“. Eileen Gray nimmt Abstand vom offenen Grundriss im damaligen Sinn, den sie selbst als „Camping Stil“ bezeichnet. Ihr Haus versteht sich mehr als eine Hülle für einen zurückhaltenden, artikulierten Lebensstil, in dem der Innenraum sorgfältig geplant und festgelegt ist. Das Haus stellt den Versuch dar, die einzelnen Räume so zu organisieren, dass jeder einzelne Bewohner dieses Hauses sich zu jeder Zeit zurückziehen kann und eine friedliche Ecke zum Entspannen finden kann. Le Corbusier hatte in unmittelbarer Nachbarschaft sein Sommerhäuschen Le Cabanon. Gegen Ende des zweiten Weltkrieges malte er im Haus E.1027 während der Abwesenheit von Eileen Gray und gegen Ihren Willen fünf große Wandgemälde. Der Name des Hauses ist ein Zahlenspiel. Er fügt zur persönlichen Identifikation der Autoren deren Initiale des Namens über einen Zahlenschlüssel des Alphabets zusammen: E= Eileen, 10= Jean, 2= Badovici, 7= Gray.

Literatur

Alfred Werner Maurer: 3 Wohnhäuser der Designerin Eileen Gray an der Côte d'Azur. Philologus-Verlag, Basel 2007.

Weblinks

 

Kategorien

 

Tempe a Pailla Castellar (Département Alpes-Maritimes),

 

                         Foto Villa Tempe a Pailla, Castellar (Département Alpes-Maritimes)                                               von der Straße, Südseite

Copyright -Die vorgenannten Zeichnungen sind urheberechtlich geschützt I Facolta di Architetura del Politecnco di Milano 1988/89 .

 

Foto Modell urheberrechtlich geschützt

 

Villa Tempe a Pailla

 

Erstveröffentlichung 23.Wikipedia von Alfred Werner Maurer

12. Oktober 2012

17. September 2012

 12. Februar 2011

23. November 2010

 

 

      Tempe a Pailla

       

      Die Villa Tempe a Pailla wurde 1932 von der Architektin und Designerin Eileen Gray in Castellar (Département Alpes-Maritimes), auf einem Hügel oberhalb des Ortes Menton errichtet. Es war ihre zweite Wohnstätte an der Côte d’Azur.

      Bauaufgabe und Planung

      Wie die Villa E.1027 erinnert auch Tempe a Pailla[1] an die Gestalt eines Schiffes. Die Nachbarn nannten das Haus „das Unterseeboot“. Das Haus der Architektin ist gegenüber E.1027 minimalistischer, aber mit nicht weniger Einfallreichtum geplant.

      Beschreibung

      Das Wohnzimmer und das Solarium sind nach Süden ausgerichtet, die Schlafzimmer orientieren sich nach Osten und die Küche nach Norden. Das Haus ist an den Felsen gebaut und ruht auf einem Sockel aus Natursteinen. Ein schmales Fensterband trennt das Sockelgeschoss aus Natursteinmauerwerk von dem weißen Kubus der Beletage und das Hauptgeschoss besteht aus weiß verputztem Mauerwerk. Die Westfassade grenzt an einen Mauleselpfad. In die Westwand sind nur einige Rundfenster zur Belichtung eingelassen. Das rechteckige Solarium vor dem Wohnzimmer wird zur Straße hin durch eine raumhohe Wand mit einem von Schiebeläden verschlossenen Fensterband und einem schmalen Vordach, welches durch grazile runde Stahlstützen abgestützt ist abgeschirmt. Die Disposition verstellbaren Schiebeläden aus Lamellen erlauben den Blick auf das großartige Panorama der Alpen von Menton. Eine filigrane zweiläufige Betontreppe verbindet die kleine rechteckige Terrasse mit dem Garten.

      Denkmalwert

      Das Haus von Eileen Gray ist eine der radikalsten Visionen des frühen Zwanzigsten Jahrhunderts von minimalistischer Eleganz.

      Trivia

      Der britische Maler Graham Sutherland erwarb die Villa 1955 und wohnte bis zu seinem Lebensende 1980 dort.[2] Am Haus ist eine Gedenktafel für Sutherland angebracht.

      Weblinks

      Commons: Tempe a Pailla – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

      Einzelnachweise

      1.  Tempe a Pailla – ein alter provenzalischer Sinnspruch „Man braucht Zeit (temps) und Stroh (paille) um Feigen zum Reifen zu bringen“ charakterisiert die einfache Vision eines Hauses im Süden.
      2.  Menton - Villa Tempe a Pailla. Abgerufen am 23. Januar 2018.

      Koordinaten: 43° 47′ 29,7″ N, 7° 30′ 0″ O |  | 

       

       

      In anderen Sprachen

       

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      Version vom 12. Oktober 2012, 12:14 Uhr

       

      Die Villa Tempe a Pailla wurde 1932 von der Architektin und Designerin Eileen Gray in Castellar (Alpes-Maritimes), auf einem Hügel oberhalb des Ortes Menton errichtet. Es war ihre zweite Wohnstätte an der Côte d’Azur.

      Bauaufgabe und Planung

      Wie die Villa E.1027 erinnert auch Tempe a Pailla[1] an die Gestalt eines Schiffes. Die Nachbarn nannten das Haus „das Unterseeboot“. Das Haus der Architektin ist gegenüber E.1027 minimalistischer aber mit nicht weniger Einfallreichtum geplant.

      Beschreibung

      Das Wohnzimmer und das Solarium sind nach Süden ausgerichtet, die Schlafzimmer orientieren sich nach Osten und die Küche nach Norden. Das Haus ist an den Felsen gebaut und ruht auf einem Sockel aus Natursteinen. Ein schmales Fensterband trennt das Sockelgeschoss aus Natursteinmauerwerk von dem weißen Kubus der Beletage und das Hauptgeschoss besteht aus weiß verputztem Mauerwerk. Die Westfassade grenzt an einen Mauleselpfad. In die Westwand sind nur einige Rundfenster zur Belichtung eingelassen. Das rechteckige Solarium vor dem Wohnzimmer wird zur Straße hin durch eine raumhohe Wand mit einem von Schiebeläden verschlossenen Fensterband und einem schmalen Vordach, welches durch grazile runde Stahlstützen abgestützt ist abgeschirmt. Die Disposition verstellbaren Schiebeläden aus Lamellenerlauben den Blick auf das großartige Panorama der Alpen von Menton. Eine filigrane zweiläufige Betontreppe verbindet die kleine rechteckige Terrasse mit dem Garten.

      Denkmalwert

      Das Haus von Eileen Gray ist eine der radikalsten Visionen des frühen Zwanzigsten Jahrhunderts von minimalistischer Eleganz.

      Einzelnachweise

      1.  Tempe a Pailla – ein alter provenzalischer Sinnspruch „Man braucht Zeit (temps) und Stroh (paille) um Feigen zum Reifen zu bringen“ charakterisiert die einfache Vision eines Hauses im Süden.

      Literatur

      • A. W. Maurer: 3 Wohnhäuser der Designerin Eileen Gray an der Côte d’Azur, Philologus Verlag, Basel 2007.

      Koordinaten: 43° 48′ 0″ N, 7° 29′ 0″ O |  | 

       

      In anderen Sprachen

       

      Villa Lou Pérou in Saint-Tropez in Südfrankreich

      Erstveröffentlichung in Wikipedia von Alfred Werner Maurer

       

      Villa Lou Pérou

       
       

      Die Villa Lou Pérou in Saint-Tropez in Südfrankreich ist ein von der irischen Innenarchitektin und Designerin Eileen Gray in den Jahren 1954–1958 umgebautes und gestaltetes Landhaus.

      Geschichte

      Lou Pérou (Provenzalisch für „[der] Peru“) nannte die Architektin Eileen Gray ihr drittes Haus, das sie bereits 1939 erwarb, aber erst in den Jahren 1954–1958 umbaute. Nach dem Verkauf ihres 1932–1934 erbauten Hauses Tempe a Pailla im Jahre 1954 begann sie mit wenig Baukapital das verlassene Bauernhaus in den Weinbergen unterhalb der Kapelle Chapelle Sainte-Anne in einem südlichen Weiler von Saint-Tropez instand zu setzen und umzubauen.[1]

      Aufteilung

      Als Erstes unterteilte Gray den Innenraum des bestehenden rechteckigen Bauernhauses, um für ihre Haushälterin Louise Dany ein separates Zimmer zu schaffen. Das bestehende Satteldach mit einer Dachdeckung aus Klosterziegeln wurde von ihr erneuert und entgegen der in Südfrankreich üblichen Bauweise erhält das Dach Regenrinnen. Im Jahre 1958 ergänzte sie im rechten Winkel zum bestehenden Hauskörper einen eingeschossigen Anbau mit Flachdach in den sie die Küche, das Bad und ein Schlafzimmer anordnete. Eine Wendeltreppe erschließt die betonierte Flachdecke des Anbaues als Aussichts- und Sonnenterrasse. Mit dem „Winkelhaus“ orientiert sie die Wohnräume nach Süden und Westen zur Aussichtseite hin und schafft damit zugleich eine geschützte Terrassenfläche. Dem Anbau wurde ein überdachter Freisitz angefügt.

      Raumausstattung

      Vor den großflächigen Fensterflächen des Wohnraumes und der Schlafräume sind Schiebeläden aus Stahlprofilen mit flächig angeordneten Lamellenbrettern eingebaut. Die Wände des Alt- und Anbaues sind innen und außen geputzt und mit weißer Kalkfarbe gestrichen. Der südwestliche haushohe Stützpfeiler des Anbaues aus gemörtelten Natursteinen, baugleich zu den Gartenmauern, steht im Kontrast zu den weißen Wandflächen. Im Gegensatz zu den Raumausstattungen ihrer früheren Häuser, insbesondere zu E.1027, sind die Innenräume mit ihren bereits bekannten Möbelexponaten und mit vor Ort gekauften Möbeln ausgestattet.

      Außenanlage und Garten

      Vor dem Hauszugang blieb der flache Teil des Weinberges erhalten. Im Süden wurde eine halbkreisförmige Gartenmauer aus Naturstein, um das abfallende Terrain auf die Höhe des Fußbodenniveaus des Hauses aufzufüllen, errichtet. Die Garage wurde vom verbliebenen tiefer liegenden Grundstücksniveau angefahren, so dass diese vor den Blicken vom Haus und Garten verborgen ist. Das begrünte Flachdach der Garage befindet sich auf dem Niveau der höher liegende Gartenfläche und dient zugleich als Sitzplatz.

      Intention

      Die Villa unterscheidet sich gegenüber den früheren von Gray geplanten Häusern E.1027, ihrem bekanntesten Werk, in Roquebrune-Cap-Martin (erbaut 1926–1929) das sie gemeinsam mit dem rumänischen Architekten Jean Badovici plante, und „Tempe a Pailla“ in Castellar (erbaut 1932–1934) – durch die Einfachheit der Konzeption der Baukörper, des Innenraumes, der Terrassen und des Gartens. Während die zusammen mit Jean Badovici am Mittelmeer gelegene avantgardistische Villa E.1027 noch deutlich auf Le Corbusiers „fünf Punkte für eine neue Architektur: Pilotis, Dachgärten, Fensterbänder und eine freie Grundriss- und Fassadengestaltung“ bezieht, hat Eileen Gray ihre nachfolgenden Villen weniger puristisch und stärker an den persönlichen Bedürfnissen der Bewohner ausgerichtet. Ihre Ziele „Ein unter sozialen Gesichtspunkten verstandenes Haus: Minimum an Raum, Maximum an Komfort“[2] wird von ihr im Haus bei Saint-Tropez, das sie als 76-Jährige begann umzubauen, praktiziert. Die Grundrissdisposition unterscheidet sich vom offenen Grundriss Le Corbusiers durch die Trennung der privaten Räume von öffentlichen Bereichen und den Wirtschaftsräumen.

      Einzelnachweise

      1.  Hierzu Eileen Grays Zitat „Lou Pérou ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für – wie kann man das sagen? – Eldorado, aber weniger prätentiös“, welches sich wohl auf ihren bescheidenen Wohlstand und den zur Verfügung stehenden geringen Bauetat bezog. In: C. Constant, W. Wang: Eileen Gray, Eine Architektur für alle Sinne Wasmuth Verlag; 1996, S. 194–195
      2.  C. Constant, W. Wang: Eileen Gray, Eine Architektur für alle Sinne, S. 194–195. Wasmuth Verlag, 1996.

      Literatur

      • C. Constant, W. Wang: Eileen Gray Eine Architektur für alle Sinne. Deutsches Architektur-Museum Harvard University Graduate School of Desigh, Wasmuth. ISBN 3-8030-0168-4.

      Koordinaten: 43° 15′ 27″ N, 6° 38′ 26″ O |  | 

       

      Version vom 17. Juli 2013, 19:38 Uhr

       

      Die Villa Lou Pérou in Saint-Tropez in Südfrankreich ist ein von der irischen Innenarchitektin und Designerin Eileen Gray in den Jahren 1954–1958 umgebautes und gestaltetes Landhaus.

      Inhaltsverzeichnis

      Geschichte

      Lou Pérou (Provenzalisch für „[der] Peru“) nannte die Architektin Eileen Gray ihr drittes, welches sie bereits 1939 erwarb aber erst in den Jahren 1954–1958 umbaute. Nach dem Verkauf ihres 1932–1934 erbauten Hauses Tempe a Pailla im Jahre 1954 begann sie mit wenig Baukapital das verlassene Bauernhaus in den Weinbergen unterhalb der Kapelle Chapelle Sainte-Anne in einem südlichen Weiler von Saint-Tropez instand zusetzen und umzubauen.[1]

      Aufteilung

      Als Erstes unterteilte Gray den Innenraum des bestehenden rechteckigen Bauernhauses, um für ihre Haushälterin Louise Dany ein separates Zimmer zu schaffen. Das bestehende Satteldach mit einer Dachdeckung aus Klosterziegeln wurde von ihr erneuert und entgegen der in Südfrankreich üblichen Bauweise erhält das Dach Regenrinnen. Im Jahre 1958 ergänzte sie im rechten Winkel zum bestehenden Hauskörper einen eingeschossigen Anbau mit Flachdach in den sie die Küche, das Bad und ein Schlafzimmer anordnete. Eine Wendeltreppe erschließt die betonierte Flachdachdecke des Anbaues als Aussichts- und Sonnenterrasse. Mit dem „Winkelhaus“ orientiert sie die Wohnräume nach Süden und Westen zur Aussichtseite hin und schafft damit zugleich eine geschützte Terrassenfläche. Dem Anbau wurde ein überdachter Freisitz angefügt.

      Raumausstattung

      Vor den großflächigen Fensterflächen des Wohnraumes und der Schlafräume sind Schiebeläden aus Stahlprofilen mit flächig angeordneten Lamellenbrettern eingebaut. Die Wände des Alt- und Anbaues sind innen und außen geputzt und mit weißer Kalkfarbe gestrichen. Der südwestliche haushohe Stützpfeiler des Anbaues aus gemörtelten Natursteinen, baugleich zu den Gartenmauern, steht im Kontrast zu den weißen Wandflächen. Im Gegensatz zu den Raumausstattungen ihrer früheren Häuser, insbesondere zu E.1027, sind die Innenräume mit ihren bereits bekannten Möbelexponaten und mit vor Ort gekauften Möbeln ausgestattet.

      Außenanlage und Garten

      Vor dem Hauszugang blieb der flache Teil des Weinberges erhalten. Im Süden wurde eine halbkreisförmige Gartenmauer aus Naturstein, um das abfallende Terrain auf die Höhe des Fußbodenniveaus des Hauses aufzufüllen, errichtet. Die Garage wurde vom verbliebenen tiefer liegenden Grundstücksniveau angefahren, so dass diese vor den Blicken vom Haus und Garten verborgen ist. Das begrünte Flachdach der Garage befindet sich auf dem Niveau der höher liegende Gartenfläche und dient zugleich als Sitzplatz.

      Intention

      Die Villa unterscheidet sich gegenüber den früheren von Gray geplanten Häusern E.1027, ihrem bekanntesten Werk, in Roquebrune-Cap-Martin (erbaut 1926–1929)das sie gemeinsam mit dem rumänischen Architekten Jean Badovici plante, und „Tempe a Pailla“ in Castellar (erbaut 1932–1934) – durch die Einfachheit der Konzeption der Baukörper, des Innenraumes, der Terrassen und des Gartens. Während die zusammen mit Jean Badovici am Mittelmeer gelegene avantgardistische Villa E.1027 noch deutlich auf Le Corbusiers „fünf Punkte für eine neue Architektur: Pilotis, Dachgärten, Fensterbänder und eine freie Grundriss- und Fassadengestaltung bezieht, hat Eileen Gray ihre nachfolgenden Villen weniger puristisch und stärker an den persönlichen Bedürfnissen der Bewohner ausgerichtet. Ihre Ziele „Ein unter sozialen Gesichtspunkten verstandenes Haus: Minimum an Raum, Maximum an Komfort“[2] wird von ihr im Haus bei Saint-Tropez, das sie als 76-jährige begann umzubauen, praktiziert. Die Grundrissdisposition unterscheidet sich vom offenen Grundriss Le Corbusiers durch die Trennung der privaten Räumen von öffentlichen Bereichen und den Wirtschaftsräumen.

      Einzelnachweise

      1.  Hierzu Eileen Grays Zitat „Lou Pérou ist ein umgangsprachlicher Ausdruck für – wie kann man das sagen? – Eldorado, aber weniger prätentiös“, welches sich wohl auf ihren bescheidenen Wohlstand und den zur Verfügung stehenden geringen Bauetat bezog“. In: C. Constant, W. Wang: Eileen Gray, Eine Architektur für alle Sinne Wasmuth Verlag; 1996 S. 194–195
      2.  C. Constant, W. Wang: Eileen Gray, Eine Architektur für alle Sinne, S. 194–195. Wasmuth Verlag, 1996.

      Literatur

      • C. Constant, W. Wang: Eileen Gray Eine Architektur für alle Sinne. Deutsches Architektur-Museum Havard University Graduate School of Desigh, Wasmuth. ISBN 3-8030-0168-4.
      • Alfred Werner Maurer: 3 Wohnhäuser der Designerin Eileen Gray an der Côte d’Azur, Philologus Verlag, Basel, 2007.

       

       

      Eileen Gray

       
      Dieser Artikel beschreibt die Architektin und Designerin Eileen Gray. 

      Eileen Gray (* 9. August 1878 in Enniscorthy als Eileen Kathleen Moray Smith, County Wexford; † 31. Oktober 1976 in Paris) war eine irische Architektin und Designerin. Sie gehört zu den wichtigsten Architektinnen und Designerinnen des frühen 20. Jahrhunderts. Ihr Tisch E.1027 ist ihr bekanntester Produktentwurf, der als Design-Klassiker unverändert nachgebaut, aber auch plagiiert wird.

      Leben

      Eileen Gray wurde in Irland auf dem Familiensitz Brownswood bei Enniscorthy in der Grafschaft Wexford als jüngstes unter fünf Geschwistern geboren. Sie studierte von 1898 bis 1902 als eine der ersten Frauen an der Slade School of Art in London.

      1900 reiste sie zum ersten Mal nach Paris, um mit ihrer Mutter die Weltausstellung zu besuchen. Zwischen 1902 und 1905 nahm sie am Unterricht an der École Colarossi und der Académie Julian teil. Zwei Jahre später erfolgte der Umzug nach Paris, ihre Wohnung in der Rue Bonaparte Nr. 21 blieb bis zu ihrem Tod ihr Zuhause.

      Gedenktafel Eileen Gray an der Rue Bonaparte 21, ParisEileen Gray: Verstellbarer Tisch E.1027

      Sie begann ihre Designkarriere ab 1910 mit Entwürfen von exklusiven Lackmöbeln, in denen der ausklingende Zeitgeist des Art Nouveau und Japonismus sichtbar war. Seizo Sougawara, ein japanischer Lackkünstler, war neben einer Lehrzeit in der Londoner Dean-Street-Möbelwerkstatt von D. Charles eine ihrer Wissensquellen bezüglich dieses Kunsthandwerks. Parallel zu den Einzelobjekten entwickelte sie aber auch Interieurkonzepte. 1913 fielen ihre beim Salon des Artistes Décorateurs ausgestellten Arbeiten dem Modeschöpfer und Kunstsammler Jacques Doucet auf. Für ihn entwarf sie mehrere Objekte, so 1914 den Wandschirm Le Destin mit vier Flügeln und 1915 den Tisch Lotus. Zur Zeit des Ersten Weltkriegs arbeitete sie als Lastwagenfahrerin in Paris unter Leitung der Herzogin von Clermont-Tonnerre.

      1915 arbeitete sie mit Sougawara für zwei Jahre in London. Nach ihrer Rückkehr nach Paris erhielt sie ihren ersten Auftrag für eine komplette Innenraumgestaltung und entwarf für die Wohnung von Mme Mathieu Lévy ihre bekannten Block-Wandschirme aus Lack.

      Glas Salon von Paul Ruaud und Eileen Gray mit Möbeln für Juliette Levy

      1922 schaffte Gray den Eintritt in die Kunstszene durch ihre Teilnahme an der Ausstellung Union des Artistes Modernes. Dies ermöglichte ihr die Gründung einer eigenen Werkstatt. Parallel zu ihrer Entwurfstätigkeit eröffnete sie mit ihrer Freundin Evelyn Wyld in Paris die Galerie Jean Désert im Mai 1922. Hier präsentierte und vertrieb sie ihre Entwürfe, zu denen neben Möbeln auch Teppiche und vor allen Dingen ihre Paravents gehörten.

      Ladenfront der Galerie Jean Désert

      Gray war in den frühen 20er Jahren in einer Beziehung mit der Sangerin Damia, verkehrte zeitweise in lesbischen Kreisen um Natalie Barney oder Gertrude Stein und war befreundet mit Gabrielle Bloch (Gab Sorère) und Loië Fuller. Gray blieb stets diskret bezüglich ihrer Beziehungen zu Frauen.[1][2]

      Um 1920 lernte sie den rumänischen Architekten und Herausgeber der wichtigen Architekturzeitschrift L'Architecture Vivante Jean Badovici kennen, in dessen Umkreis sich so bedeutende Kreative wie Fernand Léger, Gerrit Rietveld und Le Corbusier bewegten. Badovici ermutigte sie, sich auch an Architekturprojekte zu wagen. So realisierte sie ab 1925 auf einem Küstengrundstück an der französischen Riviera ihr erstes Haus – das E.1027. Beispielhaft für ihren Stil ist an diesem Entwurf, wie ökonomisch sie Raum- und Nutzungsplanung verzahnt und das Meublement so zu einem essentiellen Bestandteil der Architektur wird. Sichtbar wird das an den zahlreichen von ihr entworfenen Einbaumöbeln, die im Zusammenklang mit den ebenfalls von ihr entworfenen Einzelmöbeln eine praktikable und variable Nutzung des Hauses und der Möbel erlauben. Dass das Haus sich ganz auf die Umgebung einlässt und das Thema „Meer“ und „Küste“ auf moderne Art in die Architektur integriert, ist ein weiteres Charakteristikum der sensiblen Gestaltungskraft Eileen Grays.

      Noch einige wenige Bauten realisierend, lebte Eileen Gray in späteren Jahren zurückgezogen in Paris oder in ihrem Haus Tempe a Pailla bei Menton in der Nähe ihres ersten Hauses E.1027. Auch ihre Möbel verkauften sich nur in kleinen Stückzahlen und vereinzelt, obwohl sie in Fachkreisen immer wieder für Aufsehen durch Zeitschriftenartikel und Einladungen zu Ausstellungen sorgte. So geriet sie im Laufe der Jahre nach dem Bau ihres auch international viel diskutierten Hauses E.1027 und weiterer Entwürfe außerhalb von Fachkreisen nach und nach in Vergessenheit.

      Erst im ausklingenden 20. Jahrhundert wurde ihr Werk wiederentdeckt und ihre bedeutende Leistung für die Designmoderne gewürdigt. Das spiegelt sich unter anderem in den Reeditionen ihrer Entwürfe und exzeptionellen Preisen für ihre Vintage-Objekte bei Design-Auktionen wider. 1972 wurde sie von der Royal Society of Arts in London zum „Royal Designer to Industry“ ernannt. Der Britische Möbelhersteller Zeev Aram nahm 1973 mit Gray Kontakt auf, mit ihr zusammen erarbeitete er serientaugliche Reeditionen ihrer Möbel und erhielt von Gray die Rechte zur Produktion.[3] 1987 nahm das Museum of Modern Art in New York ihren Adjustable Table E 1027 in seine Design-Sammlung auf. Auch die Restaurierung des Hauses E.1027 mit Hilfe der öffentlichen Hand in Frankreich ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Das Centre Pompidou in Paris zeigte ihre Werke 2013 in einer großen Ausstellung.[4]

      Vielleicht lässt sich die Aussage Eileen Grays[5], die sich als Gegenposition zu Le Corbusiers Prägung des Begriffs „Wohnmaschine“ verstehen lässt, gut als Charakterisierung ihres Architekturverständnisses verwenden: „Ein Haus ist keine Maschine, es ist das Gehäuse, die Schale des Menschen, seine Erweiterung, seine Befreiung, seine spirituelle Ausstrahlung.“[6] Selbiges gilt sicherlich auch für ihre Möbelentwürfe, die wie eine situativ stimulierte Emanation des Benutzers, sich jeweils den momentanen Bedürfnissen anpassen lassen. Ein Beispiel dafür ist der von ihr entworfene Tisch Jean (1929) der in kleinste Räume passt, aber auch ohne Umstände zu einem größeren Ess- oder Arbeitstisch ausgeklappt werden kann.[7]

      Werk

      Design

      Eileen Gray: Leuchte

      Eileen Gray realisierte einige wenige,[8] nichtsdestotrotz herausragende Architekturprojekte. Legendär ist die vielfach publizierte, im Auftrag ihres damaligen Lebensgefährten Jean Badovici entworfene Villa in Cap Martin-Roquebrune (E.1027). Die Villa Tempe a Pailla wurde 1932 von ihr in Castellar (Alpes-Maritimes) auf einem Hügel oberhalb des Ortes Menton errichtet. Es war ihre zweite Wohnstätte an der Côte d’Azur.

      Trotz eines unverwechselbaren, konsequent modernen Baustils beruht Eileen Grays heutige Bekanntheit primär auf ihren Möbelentwürfen. Einige ihrer wichtigsten Objekte werden seit den 1970er Jahren in Reeditionen wieder produziert – und auch vielfach plagiiert. So ist ihr Tisch E.1027 noch heute einer der meistkopierten Entwürfe der klassischen Moderne.

      Ihre frühen Entwürfe lösen sich nach und nach von den Einflüssen des Art Nouveau und des Japonismus, die die Ästhetik des frühen 20. Jahrhunderts in Europa bestimmten. Deutlich auszumachen ist diese Entwicklung an ihren Entwürfen für Paravents, die den Anfang ihrer Karriere dominierten.[9]

      Am Beginn dekorativ Art Nouveau und neoklassizistische Tendenzen synthetisierend und damit dem Art déco nahestehend, entwickelt sie ihren Stil weiter, indem sie das figurative Dekor zugunsten eines geometrischen Formenrepertoires hinter sich ließ. Einhergehend mit dieser Entwicklung vereinfachte und funktionalisierte sie die Grundkonzeption ihrer Entwürfe. Wie sehr die Entwicklung zur Funktionalität als designbestimmendes Element die Ästhetik Eileen Gray definiert, wird deutlich, wenn man einen frühen Paravent von 1912 mit dem Block-Wandschirm von 1925 vergleicht: das dekorative Moment ergibt sich nun ohne Umwege logisch aus der stringenten Kultivierung des Funktionalen. Für das Schöne ist keine Applikation mehr notwendig, vielmehr ist es mittelbares Ergebnis des modernen Denkansatzes Form follows function. Vor allen Dingen infolge dieses Schrittes wurde aus dem Kunsthandwerker des 19. Jahrhunderts der Designer des 20. Jahrhunderts. Prinzipiell entwickelte Eileen Gray diese Ästhetik parallel und im Austausch mit der Bauhaus-Bewegung und Le Corbusier. Mit diesem, und unter anderem auch mit Bob Oud, stand sie durch den europäischen Gedankenaustausch innerhalb der Design-Avantgarde in Verbindung.

      Exemplarisch für ihren Designstil ist ihr Adjustable table E-1027: er lässt sich der Situation entsprechend in der Höhe verstellen, mit dem Standfuß unter das Sitzmöbel schieben und am Griff leicht transportieren. Die Verwendung moderner Materialien – wie hier Stahlrohr und Glas – ist ebenfalls ein Merkmal ihrer Entwürfe. Bemerkenswert ist ihre Fähigkeit, ihren Entwürfen durch Reduktion und formale Schlichtheit zusätzlich eine zeichenhafte Klarheit zu verleihen. Im Zusammenklang dieser Merkmale entsteht ein Design, das in seinem praktikablen Impetus und seiner funktionalen Eleganz eine ganz eigene Aura entwickelt. Die kreative Atmosphäre in Paris, wo die exklusive und elitäre Eleganz des französischen Art déco auf die formalistische Reduktion des demokratisch gesinnten Konstruktivismus traf, hat in ihren Entwürfen zu einer Synthese gefunden.[9]

      Auch ihre Bekanntschaft mit dem avantgardistischen Zirkel der Union des Artistes Modernes (Le Corbusier, Charlotte Perriand, Jean Prouvé, Robert Mallet-Stevens) machte sie mit den Tendenzen der Design- und Architekturmoderne bekannt. Die bei ihr mehr und mehr verwendeten zeitgemäßen Materialien – Aluminiumblech, Kork, Pergament, Stahlrohr – zeigen die Modernität ihres Designideals, das in der Verwendung exklusiver Materialien (eine Vorliebe des Art déco) wie Makassarholz, Elfenbein, Klavierlack und Rochenhaut keinen relevanten Mehrwert mehr sah. Der Bibendum Chair, ebenfalls ein Entwurf für E-1027, ist ein weiteres Beispiel für den neuen unprätentiösen, aber eleganten und modernen Stil, den Eileen Gray entwickelte.

      Grays Möbelentwürfe werden heute von der Münchner Firma Classicon in Lizenz hergestellt.[10]

      Architektur

      Haus E.1027

      Für sich und den rumänischen Architekten und Kritiker Jean Badovici, ihren damaligen Lebenspartner, realisierte sie bis 1929[8][11][12] ihr erstes Wohnhaus E.1027 in Roquebrune-Cap-Martin an der Französischen Riviera, wenige Meter über dem Felsufer gegenüber der Bucht von Monaco gelegen. Der Name ist ein Code-Kürzel aus E für Eileen, 10 für Jean (der zehnte Buchstabe des Alphabets), 2 für Badovici und 7 für Gray. Mit einem L-förmigen Grundriss, einem Flachdach und raumhohen Fenstern ausgestattet, entstand ein sowohl rational in sich geschlossener als auch ein sich der Umgebung öffnender beispielhafter Bau der Internationalen Moderne. Gray entwarf auch die gesamte Ausstattung und kreierte Entwürfe, die in ihrer Synthese aus Modernität und entwurfstechnischer Eleganz und Zurückhaltung auch heute noch gefragte Klassiker sind (Beistelltisch: Adjustable table E-1027, Sessel: Bibendum). Der ästhetischen Maxime des Gesamtentwurfes folgend entwarf sie funktionale Einbaumöbel, die zurückhaltend wie Wände oder Objekte wirkend, der weiteren Ausstattung genügend Raum und Wirkung ließen.

      Die exemplarische Qualität dieses Konzeptes wurde schnell erkannt und fand im späten Jahr 1929 ihren Niederschlag in der Architekturzeitschrift L'Architecture Vivante. Dort widmete Jean Badovici dem Haus E-1027 eine ganze Ausgabe.

      Le Corbusier war beeindruckt von diesem Haus und war oft zu Gast, auch nach dem Auszug von Eileen Gray 1932, der sich aus dem Ende der Beziehung mit Badovici ergab. Gray hatte Badovici, auf dessen Namen zunächst das Grundstück gekauft worden war, das Haus überlassen. Le Corbusier realisierte mit Zustimmung Badovicis großformatige starkfarbige Wandbilder, die Eileen Gray als Eingriff in ihren Entwurf betrachtete und als Vandalismus empfand. Der Vorfall beschäftigt die Fachpresse bis heute. Durch mehrere Besitzerwechsel nach dem Tod Badovicis und durch unglückliche Umstände geriet das Haus über die Jahre in einen immer desolateren Zustand, der in den späten 90er-Jahren durch vandalistische Übergriffe im unbewachten Haus seinen Höhepunkt fand. Im Jahre 1999 ging das Haus in den Besitz des französischen Staates über, es taten sich der französische Staat und die Gemeinde Roquebrune–Cap-Martin zusammen, um das Architekturdenkmal zu schützen: das Haus wurde zum Nationalen französischen Kulturdenkmal erklärt und in die öffentliche Institution Conservatoire du Littoral eingebracht. Ab 2014 arbeitete die Cap Moderne Association unter Vorsitz von Michael Likierman daran, das Gebäude inklusive seiner Innenausstattung weitestgehend in den Zustand von 1929 zurückzuversetzen. Anhand von Plänen und Photographien und unter Beizug von Fachexperten wurden hochwertige Repliken der Ausstattung erstellt.[13]

      Eines der größten – und hinsichtlich der Lösung interessantesten – Probleme dieser Restaurierung war nicht nur, ob und wie die gut dokumentierte Möblierung wiederhergestellt werden konnte (die nun unbezahlbaren Originale wurden 1991 vom damaligen Besitzer versteigert[5], die Einbaumöbel sind größtenteils zerstört), sondern auch, welcher Umgang mit den von Eileen Gray vehement abgelehnten Wandmalereien Le Corbusiers gefunden würde. Seit 2021 ist das restaurierte Haus für die Öffentlichkeit zugänglich.[14]

      Eileen Gray realisierte nur sehr wenige weitere Bauten: Anfang der 30er Jahre eine Villa (Tempe à Pailla) ganz in der Nähe von Roquebrune, nachdem sie E.1027 zugunsten Badovicis verlassen hatte. Im Alter von 75 Jahren baute sie für sich bei Saint-Tropez ein bestehendes Haus zu ihrem Ferienhaus, Lou Pérou genannt, um.

      Kunsthandel

      Eileen Grays rare Vintageobjekte werden seit den 70er-Jahren im Kunst/Designhandel und Auktionswesen mit steigender Tendenz nachgefragt. Das gilt sowohl für ihre frühen, dem ausklingenden Art Nouveau verpflichteten Entwürfe, als auch für ihre späteren dezidiert moderneren Objekte. Entscheidend für den Wert – und die Wertsteigerung – ist, dass das Objekt keine posthume Umsetzung eines Entwurfes ist. Vielmehr muss das Werk aus ihrer Hand stammen, es muss also von ihr selbst gearbeitet bzw. unter ihrer Aufsicht gefertigt worden sein. Die Entwürfe von Eileen Gray erzielen heutzutage unter anderem auch deswegen so hohe Preise, weil viele ihrer Entwürfe häufig Unikate sind bzw. in sehr geringer Stückzahl gefertigt wurden. So gibt es zum Beispiel von ihren Brick-Paravents 12 Exemplare, die aber alle eigentlich Unikate sind, weil sie die Maße und das Design variierte.[15]

      Ein Signal ihrer Bedeutung für den Kunst- und Designhandel setzten die Preise, die bei der Christie’s-Auktion Collection Yves Saint Laurent et Pierre Bergé in Paris vom 23.–25. Februar 2009 erreicht wurden.[16] Vier Objekte aus den unterschiedlichen Schaffensperioden wurden versteigert und erzielten zum Teil exzeptionell hohe Preise.[17] Für ein dekoratives Sideboard mit Art Nouveau-Appeal – eine ihrer Lackarbeiten – von 1915/1917 wurde ein Preis nahe dem (sehr optimistisch angesetzten) unteren Schätzwert von 3.985.000 Euro erzielt. Eine etwas spätere Konsole von 1920 dokumentiert ihre stilistische Entwicklung sehr gut: Schlichter gestaltet, steht dieses Lackmöbel dem Art déco nahe und brachte einen Preis von 2.305.000 Euro gut über dem oberen Schätzwert. Das Bietgefecht um einen Sesselentwurf von 1917/19 gestaltete sich sehr spannend: auf 2.000.000 Euro obere Taxe geschätzt, spielte der exotisierende Fauteuil aux Dragons einen Betrag ein, der der höchste jemals erzielte Preis für ein Möbelobjekt des 20. Jahrhunderts ist. Schlussendlich wurden 21.905.000 Euro für diesen Entwurf bewilligt. Und von 1925 stammt ein exzeptioneller moderner Lampenentwurf (Satellite), der weit über dem oberen Schätzwert von 800,00 Euro einen Preis von 2.977.000 Euro einspielte.

      Ein Anhaltspunkt für die Preisentwicklung und die steigende Wertschätzung der Entwürfe Eileen Grays gibt ein Blick auf vergangene Auktionsergebnisse. Noch 1980 wurde die Lampe Satellite von Sotheby’s in Monaco (Collection Eileen Gray, 25/05/1980, Lot 298) für 18.000 Franc (umgerechnet etwa 3000 Euro) verkauft – die Schätzung lag damals bei 3/4.000 Franc. Und ein Paravent von 1930/32 – ein Entwurf für das E-1027 – brachte ebendort einen Ertrag von etwa 2500 Euro. 2003 spielte dieses Objekt bei einer Schätzung von 30/50.000 USD in New York (Phillips de Pury & Luxembourg, 11. Juni 2003) 107.550 USD ein.[15] Ein weiteres Exemplar dieses Entwurfs wurde in Paris (Christie’s, 29. März 2011) für 1.353.000 Euro versteigert[18].

      Literatur (Auswahl)

      • Charlotte und Peter Fiell (Hrsg.): Design des 20. Jahrhunderts, Taschen, Köln 2012, ISBN 978-3-8365-4107-7, S. 297–299
      • Philippe Garner: Eileen Gray – Design and Architecture 1878–1976. 2007, Taschen.
      • Eileen Gray – Einladung zur Reise, 60 min. Dokumentarfilm von Jörg Bundschuh, Sprachen dt.+ engl., Kick Film GmbH, München 2006.
      • E. 1027: Maison en bord de mer, Eileen Gray et Jean Badovici, in L'architecture Vivante. Reedition Éd. Imbernon, Marseille 2006. ISBN 2-9516396-5-1
      • Charlotte Kerner: Die Nonkonformistin. Die Lebensgeschichte der Designerin und Architektin Eileen Gray, Beltz & Gelberg, Weinheim 2002, ISBN 3-407-80873-9.
      • Haus der Eitelkeiten, Artikel zu Eileen Grays E-1027 von Peter Adam, AD – Architectural Digest – 3/2001, Condé Nast Verlag, München 2001.
      • Eileen Gray, Constant, Caroline, Phaidon 2000, 249 Seiten.
      • Gray, Eileen. Architektin/Designerin. Peter Adam, Edition Stemmle, Zürich, 1989, 400 Seiten ISBN 3-7231-0389-8.
      • E. 1027: Maison en bord de mer, Eileen Gray et Jean Badovici, in L'architecture Vivante. Reedition, Da Capo Press, New York 1975.
      • Eileen, Gray, eine Architektur für alle Sinne. Herausgegeben von Caroline Constant und Wilfried Wang, Frankfurt, Deutsches Architektur-Museum/Harvard University School of Design, 1996, 213 Seiten ISBN 3-8030-0168-4.
      • Christina Threuter: Eileen Gray, Le Corbusier und die phantasmatischen Räume der Oda-Liske E.1027. In: Kunst und Politik: Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft. Bd. 4, 2002, S. 49–62.
      • Christina Threuter: Eine Architektur der Einfühlung. Eileen Grays Wohnhaus E.1027. In: Hanna Katharina Göbel, Sophia Prinz (Hg.): Die Sinnlichkeit des Sozialen. Wahrnehmung und materielle Kultur. Bielefeld 2015, S. 177–194 ISBN 3-8376-2556-7.
      • Wilfried Wang u. a. (Hgg.): E.1027. Roquebrune-Cap-Martin 1926-1929, Tübingen: Wasmuth 2017 (The O’Neil Ford monograph series; 7) ISBN 978-3-8030-0831-2.

      Weblinks

      Commons: Eileen Gray – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

      Einzelnachweise

      1.  Caroline Constant: Eillen Gray. Phaidon, London 2000, S. 9–11.
      2.  Jasmine Rault: Eileen Gray: New Angles on Gender and Sexuality. ISBN 978-0-494-32233-8.
      3.  ARAM | Eileen Gray. Abgerufen am 9. Januar 2023.
      4.  Eileen Gray. (Memento des Originals vom 26. Februar 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Centre Georges-Pompidou
      5.  Gray, Eileen. Architektin/Designerin. Peter Adam, Edition Stemmle, Zürich, 1989, 400 Seiten ISBN 3-7231-0389-8.
      6.  Die Rache des Maschinisten. Abgerufen am 9. Januar 2023.
      7.  Jean - ClassiCon DE. Abgerufen am 1. September 2017.
      8.  Robert Woitschützke: Renaissance der Eileen Gray. E.1027. In: rheinische ART, Ausgabe 11/2013
      9.  ARAM | Eileen Gray
      10.  Eileen Gray - ClassiCon DE. Abgerufen am 1. September 2017.
      11.  Eileen Gray. In: archINFORM; abgerufen am 14. Dezember 2009.
      12.  Beatriz Colomina: Une maison malfamée : E.1027 Une histoire d'obsessions | Espazium. 9. Januar 2012, abgerufen am 9. Januar 2023 (französisch).
      13.  Villa E-1027 — Cap Moderne. Abgerufen am 9. Januar 2023.
      14.  Condé Nast: Wiedereröffnet: Eileen Grays Sommerhaus E.1027 frisch restauriert. 16. Juni 2019, abgerufen am 9. Januar 2023 (deutsch).
      15.  Archivlink (Memento des Originals vom 4. Juli 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
      16.  http://christies.com/LotFinder/searchresults.aspx?intSaleID=22294#action=refine&intSaleID=22294&sid=d537d67d-b8b4-45e5-85cd-8fa359c8ca62
      17.  http://christies.com/LotFinder/searchresults.aspx?intSaleID=22294#action=refine&intSaleID=22294&sid=d634a856-f8cc-429e-8bb3-347204135bc8&selectedids=54363
      18.  http://www.christies.com/LotFinder/lot_details.aspx?from=salesummary&intObjectID=5404244&sid=96c22d24-23f4-4f8e-af6d-8c9b9795622d
      Normdaten (Person): GND: 118965360 (lobid, OGND) | LCCN: n80036940 | NDL: 00620761 | VIAF: 95789647 | 
      • Diese Seite wurde zuletzt am 3. September 2023 um 10:33 Uhr bearbeitet
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